Option eigene Zahnarztpraxis? Eine Rundumsicht in zehn Punkten

07.11.22 | Fokus Unternehmensführung

Option eigene Zahnarztpraxis? Eine Rundumsicht in zehn Punkten

Was bedeutet es, den Schritt in die Selbständigkeit zu machen? Dieser Fachbeitrag zeigt aus verschiedenen Blickwinkeln auf, was die Führung der eigenen Zahnarztpraxis mit sich bringt und was selbständig tätige Zahnärztinnen und Zahnärzte beachten sollten, um das Unternehmen auf Erfolgskurs zu bringen. Dazu gehört es auch, sich unternehmerische Kompetenzen anzueignen und in betriebswirtschaftlichen und administrativen Fragen die Unterstützung von geeigneten Partnern in Anspruch zu nehmen.

 

1. Die Lebensperspektive


Die Gründung der eigenen Zahnarztpraxis oder Übernahme einer bestehenden Praxis hat etwas Verlockendes. Selbständigkeit bringt ein hohes Mass an Freiheit und Flexibilität in der Lebensgestaltung mit sich. Um sie zum erfolgreichen Berufsmodell zu machen, braucht es eine entsprechende mentale Konstitution. Die Ratgeberliteratur definiert eine Reihe von Eigenschaften, die Unternehmensgründerinnen und -gründer auszeichnen.
 

Neben fachlicher Qualifikation und Berufserfahrung stehen Ehrgeiz, Risikobereitschaft, Einsatzbereitschaft, Belastbarkeit und Verantwortungsbewusstsein im Vordergrund. Entscheidend ist der Wille, das warme Nest des Angestelltendaseins zu verlassen und sich dem rauen Wind des Marktes zu stellen.
 

Wer Selbstständigkeit ernsthaft in Betracht zieht, tut also gut daran, die eigene Persönlichkeit kritisch zu durchleuchten. Wer es genau wissen will, hat die Möglichkeit, sich einer Persönlichkeitsanalyse unterziehen zu lassen.

«Entrepreneur-Check»

Ein wissenschaftlich fundiertes Feedback für erfolgskritische Persönlichkeitsmerkmale bietet die Hochschule für Angewandte Psychologie / Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW an. Der «Entrepreneur-Check» umfasst 12 Merkmale – darunter Innovationsfreude, Risikobereitschaft, Beharrlichkeit, Selbstkontrolle und Belastbarkeit – und kostet 29 Franken. Eine bescheidene Investition, wenn es um nichts weniger geht, als dem Leben eine neue Wendung zu geben.

www.entrepreneur-check.ch

2. Die unternehmerische Perspektive


Im Selbstverständnis der Zahnärztin oder des Zahnarztes spielt das fachliche Element eine zentrale Rolle. Die persönliche Leistung am Behandlungsstuhl ist der wesentliche Treiber für die den Ertrag, den eine Zahnarztpraxis erzielt. Als Inhaberin oder Inhaber des Unternehmens muss die Zahnärztin oder der Zahnärzte jedoch – so der Verhaltensökonom und Behaviour Designer Gerhard Fehr – in eine Unternehmeridentität schlüpfen. Fehr betont, dass wirtschaftliches Denken zu einem wichtigen Element der beruflichen Ausrichtung werden muss.
 

Wer seine eigene Zahnarztpraxis gründet und führt, ist primär auf der strategischen Ebene gefordert: Es gilt, die strategischen Leitlinien und Zielsetzungen zu definieren, im Rahmen einer vorausschauenden Investitionsplanung ein Konzept für die Digitalisierung der Praxis zu entwickeln und eine effiziente und dennoch patientenfreundliche Praxisorganisation auf die Beine zu stellen. Auch die Mitarbeiterführung ist ein wichtiges Thema. Unternehmerisch denkende Persönlichkeiten packen diese spannenden Aufgaben beherzt und zielgerichtet an.

Unternehmerseminar für Zahnärztinnen und Zahnärzte

Unternehmerin oder Unternehmer sein ist lernbar: Die Universität St. Gallen bietet ein speziell auf Zahnärztinnen und Zahnärzte ausgerichtetes Unternehmerseminar an.

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3. Die betriebswirtschaftliche Perspektive


Solide betriebswirtschaftliche Kenntnisse bilden das Fundament der erfolgreichen Unternehmensführung. Die Zahnärztin oder der Zahnarzt mit eigener Praxis muss sich mit Kosten-/Leistungsverhältnis, Umsatz-, Gewinn- und Liquiditätsprognosen, Buchführung, Rechnungswesen, Controlling, Bilanzierung und weiteren betriebswirtschaftlichen Themen auseinandersetzen. Sie oder er muss nicht nur wissen, was die entsprechenden Kennzahlen bedeuten, sondern auch in der Lage sein, diese zu interpretieren und darauf aufbauend Handlungsoptionen herzuleiten.
 

Selbständig tätige Zahnärztinnen und Zahnärzte kommen nicht darum herum, immer wieder strategische und operative Entscheidungen zu treffen, die den Fortbestand ihrer Praxis beeinflussen. Je besser sie mit den betriebswirtschaftlichen Aspekten der Praxisführung vertraut sind, desto sicherer ist die Entscheidungsfindung. Hilfreich und entlastend ist die Zusammenarbeit mit gut beleumundeten Partnern aus den Bereichen Rechnungswesen und Finanz-Dienstleistungen.

Option Outsourcing

Mit der Auslagerung des Honorar-Managements an die Zahnärztekasse AG profitieren Zahnarztpraxen von einer ganzen Reihe von flankierenden Dienstleistungen. Zu diesen zählt der Kennzahlenvergleich Benchmarks, der Stärken und Schwächen im Bereich der finanziellen Performance der Praxis offenlegt.

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4. Die kurzfristige finanzielle Perspektive


Eine Zahnarztpraxis muss jederzeit über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um die laufenden Fixkosten zu decken allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Die Begleichung von Personalkosten, Miete, Leasingraten, Zinsen, Betriebskosten wie Strom, Heizung und Wasser, Materialkosten, Versicherungen und Steuern duldet keinen Aufschub. In manchen Bereichen fallen bei verspäteter Zahlung Strafzinsen an. Die kurzfristige Sicherung der Liquidität, also die dauernde Überwachung aller Ein- und Auszahlungen, muss bei der Finanzplanung hohe Priorität geniessen.
 

Für die Existenzsicherung der Zahnarztpraxis ist es unabdingbar, Liquiditätsengpässe zu vermeiden und durch diszipliniertes Management variabler Kosten stets für ausreichende Liquiditätsreserven zu sorgen. Wie wichtig die ausreichende Verfügbarkeit flüssiger Mittel ist, zeigt sich darin, dass mangelnde Liquidität zu den Hauptursachen für Insolvenz zählt.

Immer liquide

Mit massgeschneiderten Lösungen für strukturiertes Honorar-Management stellt die Zahnärztekasse AG sicher, dass ihre Kundinnen und Kunden stets über ausreichende flüssige Mittel verfügen.

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5. Die administrative Perspektive


Keine Zahnärztin und kein Zahnarzt macht den Schritt in die Selbständigkeit, um einen wesentlichen Teil des Zeitbudgets für administrative Tätigkeiten aufzuwenden. Es ist auch wenig sinnvoll, qualifiziertes zahnmedizinisches Fachpersonal mehr als nötig mit administrativen Aufgaben zu belasten. Ein leistungsfähiges Praxis-Softwaresystem schafft die Voraussetzung für eine effiziente Erfassung und Verwaltung der Patientendaten sowie für die Dokumentation der Diagnosen und Behandlungen. Modular konzipierte Praxis-Softwaresysteme erlauben es, die Funktionen auf den spezifischen Bedarf der Zahnarztpraxis auszurichten und mit ergänzenden Modulen neu entstehende Bedürfnisse abzudecken.

 

Neben der Patientendatenverwaltung ist es vor allem die Debitorenbewirtschaftung, die administrativen Aufwand verursacht. Dabei geht es nicht nur um den Versand der Rechnungen nach Abschluss der Behandlung, sondern auch um die laufende Kontrolle der Zahlungseingänge, den Versand von Mahnungen bei ausbleibenden Zahlungen und gegebenenfalls um die Einleitung von schuldbetreibungsrechtlichen Massnahmen. Ein effizient und straff organisiertes Honorar-Management fördert die Zahlungsdisziplin der Patientinnen und Patienten, sorgt für grossmehrheitlich pünktliche Zahlungseingänge und schützt die Zahnarztpraxis vor Honorarverlusten.

Direkter Zugriff auf die Finanz-Dienstleistungen der Zahnärztekasse AG

Mit passenden Schnittstellen lässt sich das Honorar-Management mit dem Praxis-Softwaresystem verknüpfen, was zu einer durchgängigen Digitalisierung der Praxisadministration führt.

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6. Die Marketing-Perspektive


Die Kundenloyalität hat in den letzten Jahren generell deutlich abgenommen. Kundinnen und Kunden wechseln ohne zu zögern den Anbieter, wenn sie mit dessen Leistungen nicht zufrieden sind. Mittlerweile hat dieser Trend auch die Branche der Zahnmedizin erfasst.
 

Um sich die Gunst der bestehenden Patientinnen und Patienten zu erhalten, ist es entscheidend, dass die Zahnarztpraxis deren Erwartung an Betreuung und Leistungen erfüllt und im besseren Fall übertrifft. Geht es um Patientenbindung sind ein zuvorkommender Umgangston, die persönliche Betreuung, eine freundliche Atmosphäre, hohe Wertschätzung, schnelle Reaktionszeiten und ansprechend formulierte Recalls die wirksamsten Marketingmassnahmen.
 

Um Abgänge zu kompensieren und den Patientenstamm auszubauen. braucht es professionelle Marketingmassnahmen. Den Schwerpunkt bildet eine ansprechend gestaltete, benutzerfreundlich strukturierte Website, die auch auf dem Mobiltelefon gut funktioniert. Zahnarztpraxen sollten sich nicht scheuen, auch auf Social-Media-Plattformen Präsenz zu markieren und ein junges Zielpublikum anzusprechen.

Zeitgerecht online sein

Die Entwicklung einer Website in Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Partner ist zeitintensiv. Sie sollte im Rahmen der Vorbereitungen für die Praxisgründung frühzeitig im Angriff genommen werden, damit die Website zum Termin der Praxiseröffnung aufgeschaltet werden kann.

7. Die Patientenperspektive


Patientinnen und Patienten sehen dem Zahnarztbesuch in der Regel mit gemischten Gefühlen entgegen. Zahnmedizinische Behandlungen sind trotz umsichtiger Vorgehensweise der Zahnärztin oder des Zahnarztes oft unangenehm und nicht selten mit Schmerzen verbunden. Besonders stressanfällig sind Angstpatienten, die auf der kommunikativen Ebene mit entsprechendem Einfühlungsvermögen betreut werden müssen.
 

Grundsätzlich ist Kommunikation das Schlüsselelement für die Gestaltung einer positiv geprägten Patientenbeziehung. Wenn die Patientin oder der Patient im Behandlungsstuhl Platz genommen hat, löst eine freundliche Erklärung zum Ablauf der bevorstehenden Behandlung allfällige Spannungen. Ein Dankeschön für die Geduld und das Vertrauen nach Abschluss der Behandlung hinterlässt bei der Patientin oder dem Patienten einen positiven Eindruck. Der Verhaltensökonom und Behaviour Designer Gerhard Fehr spricht von der «Chance der letzten fünf Minuten».
 

Da zahnmedizinische Behandlungen in der Schweiz in der Regel nicht versichert sind, ist auch Geld ein Thema, das manche Patientinnen und Patienten beschäftigt. Ein vorab erstellter Kostenvorschlag für aufwendigere Behandlungen schafft Transparenz. Die Möglichkeit von Teilzahlung und Beratung zur Finanzierung von zahnmedizinischen Behandlungen sind wertvolle Hilfestellungen für Patientinnen und Patienten, die sich in finanziellen Engpässen befinden.

Unterstützung der Patienten im finanziellen Bereich

Die Zahnärztekasse AG schliesst im Auftrag und im Namen der Zahnarztpraxis Teilzahlungsvereinbarungen ab und überwacht die Zahlungseingänge. Via Patiententelefon können sich die Patientinnen und Patienten der Kunden der Zahnärztekasse AG in finanziellen Fragen zu zahnmedizinischen Behandlungen beraten lassen.

www.zahngeld.ch

8. Die Perspektive der Mitarbeitenden


In zeitgemässen Führungsmodellen geben Chefinnen und Chefs die Leitplanken und Ziele vor und bieten den Mitarbeitenden Raum, um ihre Kompetenzen und Fähigkeiten zu entfalten. Motiviert sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Praxisteams dann, wenn sie in ihrer Arbeit einen. Sinn erkennen und in die Verantwortung eingebunden sind. Assistentinnen und Assistenten der Zahnmedizin sollen spüren, dass ihre Tätigkeit für das Gedeihen der Zahnarztpraxis wichtig ist und ihr Einsatz als qualifizierte Fachpersonen klar im Zentrum ihres Berufsalltags steht. Ihr Auftrag besteht in erster Linie darin, sich auf das Patientenwohl zu konzentrieren und die Patientinnen und Patienten zuvorkommend und hilfsbereit zu betreuen. Erfüllung finden sie im Aufgabenkreis, für den sie ausgebildet wurden, und nicht in administrativen Routinearbeiten.
 

Mit ihrem Verhalten und ihrer Kommunikationskompetenz prägen die Mitarbeitenden das Klima der Zahnarztpraxis wesentlich mit, was sich unmittelbar auf den Geschäftserfolg auswirkt. Freude am Führen entsteht durch die Fähigkeit, das Praxisteam für seine Aufgaben zu begeistern.

Administrative Entlastung und absolute Transparenz

Die Abwicklung des Honorar-Managements durch die Zahnärztekasse AG entlastet das Praxispersonal von einem grossen Teil der administrativen Aufgaben. Über die Internet-Dialog-Plattform www.debident.ch können die autorisierten Mitarbeitenden rund um die Uhr Einblick in die finanziellen Transaktionen nehmen und auf sämtliche Daten zugreifen.

9. Die Perspektive des familiären Umfelds


Die vielfältigen Aufgaben, die aus der Führung der eigenen Zahnarztpraxis resultieren, erfordern Zeit und Kraft. Das wirkt sich auch auf Partnerschaft und Familienleben aus.
 

Die Personen im engeren familiären Umfeld müssen akzeptieren, dass die Führung und Entwicklung einer Zahnarztpraxis kein Nine-to-Five-Job ist. Andererseits haben sie ein Anrecht auf Aufmerksamkeit, Präsenz und Anteilnahme.
 

Ziel muss es sein, sich als selbständige Zahnärztin oder Zahnarzt mit eigener Praxis so zu organisieren, dass auch das Privatleben mit seinen Aktivitäten und Verpflichtungen seinen Platz hat. Zudem muss es gelingen, auch Zeit für sich selbst zu finden. Wer überdurchschnittlich viel leistet, braucht Ausgleich, wenn die Gesundheit und die Freude am eigenen Unternehmen nicht unter dem beruflichen Engagement leiden sollen.

Das Leben in Balance bringen

Es ist nicht einfach, unternehmerisches Engagement und Privatleben in Einklang zu bringen. Auswege aus dem Dilemma zeigt das Seminar «Selbstmanagement: Lebensqualität durch Fokus und Zeitmanagement» des Zentrums für Unternehmensführung ZfU auf.

Nächste Termine: April und November 2023

10. Die langfristige Perspektive


Angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte müssen sich im Rentenalter im Normalfall mit den üblichen Vorsorgeleistungen begnügen. Demgegenüber haben Inhaberinnen und Inhaber einer eigenen Zahnarztpraxis nach langjähriger Tätigkeit einen Wert geschaffen, der sich zusätzlich zu den Leistungen aus der Vorsorge kapitalisieren lässt. Möglicherweise bringt ein Verkauf der Praxis zum gegebenen Zeitpunkt genügend Ertrag, um sich vorzeitig aus dem Berufsleben zurückzuziehen und sich anderen Interessen zu widmen.